Damit die künftige Stromproduktion des renovationsbedürftigen Aarauer Kraftwerks um 3 % erhöht werden kann, soll der Aareraum „optimiert“ werden.
1.6 km Mitteldamm sollen entfernt werden. Damit werden die letzten Reste der ursprünglichen Auenlandschaft zerstört. Der dazugehörende Lebensraum für Menschen, Pflanzen und Tiere wird zerstört. Der schöne Naherholungsraum für die Bevölkerung, der Lebensraum für Vögel, Biber, Fische, Pflanzen und Bäume verschwindet. Dagegen wehren wir uns.
Die gesamte naturnahe Uferbestockung sowie der für Spaziergängerinnen und Spaziergänger, Joggerinnen und Jogger speziell wertvolle Erholungsraum wird abgeräumt.
Die schweizweit einzigartige Schwimmstrecke (Der Amazonas von Aarau) und der Kanal als kulturhistorisch bedeutendes Bauwerk, welches über die Jahrzehnte zu einem naturnahen Erholungs- und Naturschutzgebiet geworden ist, soll der kurzsichtigen Produktionsstrategie der Aktiengesellschaft ENIWA, die zu 95% der Stadt Aarau gehört, geopfert werden.
Die Mitteldammzerstörung basiert auf einer eindimensionalen, rein ökonomischen Perspektive, die äusserst fragwürdig ist: Laut ENIWA kostet der Dammabbau 6.3 Mio. Franken. Als ökologische Kompensationsmassnahme für die Zerstörung des Mitteldamms soll das Seitengerinne «Grien» mit einem Aufwand von rund 4 Mio. Franken erstellt werden. Dadurch soll ein jährlicher Zusatzertrag von Fr. 240’000 erwirtschaftet werden (+ 4 GWh Strom). Bei einem Zinsfuss von 0% wäre der Aufwand von 10 Mio. Franken nach 43 Jahren amortisiert, bei einem Zinsfuss von 2% nach 71 Jahren, also erst einige Jahre nach Ablauf der Konzession.
Die Entfernung des Mitteldamms erzeugt nicht nur Kosten, sondern auch grosse Umweltbelastungen: Es müssten rund 140’000m3 Material ausgebaggert, transportiert und deponiert werden. Mit der neu zusätzlich geplanten Ausbaggerung der ganzen Niederwasserrinne kämen weitere 140’000m3 Material dazu. Dies führte zu insgesamt 35’000 Lastwagenfahrten und kostete laut ENIWA 11 Mio. Franken.
Das Projekt Renovation Aarauer Kraftwerke der ENIWA sieht verschiedene Renaturierungsmassnahmen vor zur Verbesserung der Umwelt, der Wasserlebensräume und der Naherholung. Diese Massnahmen sind keine Kompensationen für die Entfernung des Mitteldamms, sondern sind aufgrund der heute gültigen Gewässerschutzgesetzgebung des Bundes erforderlich. Sie müssten grundsätzlich auch dann umgesetzt werden, wenn der Mitteldamm bestehen bliebe.
Eine Investition von 10 Mio. Franken zur Erzeugung von zusätzlichen 4 GWh Strom pro Jahr ist energiepolitisch und betriebswirtschaftlich verfehlt, wie folgender Vergleich zeigt: Die Kraftwerksanierung ohne Entfernung des Mitteldamms (was einem Plan B entsprechen würde) erfordert eine Investition von einer Million Franken für die jährliche Produktion einer GWh Strom. Die Zusatzproduktion von Strom durch die Entfernung des Mitteldamms erfordert jedoch eine Investition von 2.5 Mio. Franken für die jährliche Produktion einer GWh Strom. Soll das wirtschaftlich sein?
Das gesamte Projekt kostet 135 Mio. Franken, ohne Dammabbau 125 Mio. Franken. Auch ohne Zerstörung des Mitteldamms und ohne Umbau des wertvollen Naherholungsraums und der naturnahen Flusslandschaft kann die Kraftwerkleistung bei der Renovation auf 117% erhöht werden, mit Zerstörung des Mitteldamms bloss um 3% mehr auf 120%.
Mit dem gleichen Geld (Aufwand von 10 Mio. Franken für Abbau Mitteldamm und Kompensationsmassnahme Seitengerinne «Grien») könnte die ENIWA bereits heute mehr als doppelt so viel Strom aus Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Stadt Aarau produzieren.
Die Erneuerung des Wasserkraftwerks ist grundsätzlich unbestritten. Aber das Projekt soll nicht zulasten des beliebten Erholungsraums maximiert werden.
Angesagt ist eine vernetzte Betrachtungsweise, die massvoll, ganzheitlich und nachhaltig zu einem Wasserkraftwerk führt, das auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Stromproduktion liefern kann. Angestrebt wird eine Symbiose von Technik, Erholungs- und Naturraum für Menschen, Tiere und Pflanzen.